Techniker-Käpsele präsentieren ihre Projekte

Den Nutzen gibt´s auf beiden Seiten

Optische Gas-Spektrometer, optimierte Lackierleistungen, Ökostrom-Tankstellen: Jahr für Jahr verblüffen Techniker-Schülerinnen und -Schüler der Gottlieb-Daimler-Schulen mit ihren Ideen. Zur Präsentation sind sie „stolz wie Bolle“ – und ihre Betriebe profitieren auch.

Von Siegfried Dannecker / Bild Eibner

So viel scheint schon mal sicher: Um die Innovations- und wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit des baden-württembergischen Mittelstands muss man sich nicht sorgen. Zumindest dann nicht, wenn man sich besieht, was die heutige Techniker-Generation so an Ideen hat. Und diese auch konsequent umsetzt. Zumindest hat diesen Eindruck – mal wieder – die Präsentation der Technikerprojekte an den Sindelfinger Gottlieb-Daimler-Schulen hinterlassen. Laien staunen schon, wenn sie die kompliziert anmutenden Themen in der Tabelle lesen. Bekommen sie die Dinge dann auch noch konkret vorgeführt, klappt nicht wenigen die Kinnlade herunter.

Tüftler stecken dahinter, die man im Schwäbischen „Käpsele“ nennt

21 zwei- bis vierköpfige Schülerteams der GDS 2, Fachschule für Technik, haben am Donnerstag das Ergebnis ihrer Tüftelei gezeigt. Über zwei Dutzend Projektarbeiten steuert die GDS 1 bei. Know-how in Bestform – gemacht von jemandem, den man im Schwabenländle ein „Käpsele“ nennt.
Timo Kramer und Jonas Müller zählen zu dieser Spezies. Die beiden Jungs aus dem Gäu, jeweils 24 Jahre jung, lassen in ihrem Versuchsaufbau einen EQS an einer Wallbox Strom nuckeln. In Daimlerdiensten indes stehen sie nicht. Die Kerle aus der Klasse „FTE2“ gehen „privat“ an den Start. Sie haben eine nachhaltige Laderegelung für Elektrofahrzeuge entwickelt. Heißt: Wer bei ihnen an die elektrische Zapfsäule fährt, tankt keinen herkömmlich Steckdosen-Mix aus importiertem, aus Kohle oder Atomkraft erzeugten Strom. Sondern das, was die eigene Fotovoltaikanlage vom Hausdach hergibt. Und wahlweise eben nur genau so viel. Dann wird der Zustrom gestoppt. Es sei denn, es steht eine Langstreckenfahrt bevor und der eigene Sonnenstrom-Vorrat reicht dafür nicht aus.
„Stark, oder?“, grinst das Duo – und erhält von Umstehenden Applaus. Für den voll-ökologischen Ansatz ebenso wie für den Versuchsaufbau mit Energiezähler, Router, einem „Raspberry Pi“ und der Wallbox. Daheim im Gäu hätten sie schon zwei Haushalte damit ausgerüstet. Ein väterlicher EQB beispielsweise holt sich so seinen Batterieinhalt. Nach nur 40 000 Kilometern Laufleistung mit erneuerbaren Energien für so ein Auto sei das Ziel der Klimaneutralität damit erreicht, der „CO2-Rucksack“ im positiven Bereich. Normalerweise sagt man das E-Autos erst ab 70 000 bis 100 000 Kilometern nach. Ob Daimler bei den Jungs anklopft?

Kooperationen zwischen Betrieben und ihren Auszubildenden

Für gewöhnlich laufen die Projektarbeiten in Kooperation zwischen Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden ab. Der konkrete Nutzwert, also die praktische Anwendung, ist das Ziel. Wie bei Taulant Krasniqi, Marcel Hesse und Julian Porst. Die drei haben für ihren renommierten Lackieranlagenbauer Dürr in Bietigheim Schulungsvideos entwickelt. Neudeutsch: E-Learning-Plattformen. Großer Vorteil, gerade in Coronazeiten: Die Kundschaft muss dann nicht mehr zwingend beim Hersteller vorbei, um etwa gezeigt zu bekommen, wie man ein Getriebe an einem Roboter tauscht. Das geht nun binnen zehn Videominuten – und ohne Studium eines komplizierten, 100-seitigen PDF. „Unsere Firma hat die Videos gleich eingesetzt“, ist das Trio stolz wie Bolle.
„Das ist ja dann der Lohn von einem ganzen Jahr Arbeit“, zieht GDS-2-Vizeschulleiter Tobias Kling den Hut vor solch einer Leistung. Das Erfolgserlebnis könne riesig sein, wenn solche kooperativen Projektarbeiten in den (Industrie-)Firmen zur Anwendung kommen. Erfolg, der motiviert. Auch die GDS-1-Schulleiterin Kerstin Oswald und ihr GDS-2-Kollege Christian Hopf zeigten sich am Mittwoch voller Wertschätzung für das, was die Techniker hier am Ende ihrer zweijährigen Schulzeit abgeliefert haben. „Das sind ,Best-practice-Beispiele’ wie in der Wirtschaft, wo ein technisches Problem in Teamarbeit gelöst worden ist.“ Wer dafür zwei Jahre pauke, verdiene Wertschätzung. Wer das in vierjähriger Abendschule mache, noch ein bisschen mehr. Für Rektor Hopf sind die Werke Zeichen der „Vier K-Kompetenz“: Kommunikation, Kreativität, kritisches Denken und Kollaboration, also Zusammenarbeit. Das, was Betriebe heutzutage suchten und bräuchten.

Die Mädels-Fraktion macht sich in den Klassenzimmern noch zu rar

Franziska Löffler, 24, aus Weil im Schönbuch, Mechatronikerin bei Faulhaber in Schönaich, macht es nichts aus, in eine Männerdomäne vorgedrungen zu sein – nur zehn Prozent sind junge Technikerinnen. Lehrer Markus Runkel sieht da „noch viel Luft nach oben“. Wenn junge Frauen sich mehr trauten, schätzt der 44-Jährige das Potenzial an Frauen in den Schulklassen auf 30 Prozent. „Um den Fachkräftemangel zu beheben, wäre das auch gut so“, sagt der Herrenberger. Aber dafür müssten die Arbeitgeber – Stichwort Eltern-/Erziehungsauszeiten – flexibler werden. Das sei ein limitierender Faktor für die Frauen in technischen Berufen.

 

 
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