Schreiner sind Schwalbenkönige
Beim Fußball sind sie verpönt, beim Schreiner sind sie beliebt: die Schwalben. Exakterweise spricht der Schreiner von einer Massivholzverbindung namens Schwalbenschwanzzinkung, abgekürzt Schwalben. Sauber ausgeführt freut sich nicht nur der Schreiner an den Schwalben, sondern in besonderem Maß der Kunde. Beweist man doch mit dem Kauf von Möbeln, an denen man diese Verbindung findet, Sachverstand bei hoher Handwerkskunst.
Diese Handwerkskunst muss ein Schreiner zum Abschluss seiner Ausbildung mit dem Bau eines Gesellenstücks beweisen. 80 Stunden hat er Zeit, das Stück in seinem Ausbildungsbetrieb zu fertigen. Eine sportliche Leistung.
In der Wahl des Möbels sind die angehenden Schreiner frei. Sascha Ruthardt, der seine Ausbildung in der Schreinerei Ruzicka in Holzgerlingen absolviert, sucht seine Herausforderung im Bau eines Garderobenmöbels. „Momentan steht bei uns im Eingangsbereich der Wohnung ein alter klappriger Schuhschrank, der kurz vor dem Auseinanderfallen ist“, beschreibt er seine Grundidee. „Das soll nun durch eine multifunktionale Garderobe ersetzt werden.“ Praktisch ein Zwei-in-eins-Möbel. So bietet die Garderobe aus Eichenholz mit weiß lackierten Teilen zum einen Stauraum für Mäntel, Jacken, Schuhe, Schals, Mützen und Handschuhe. Daneben ist durch eine Filzauflage auf dem Möbel aber zusätzlich dafür gesorgt, dass man das Anziehen und Binden der Schuhe bequem im Sitzen erledigen kann. Inspiration hat sich der angehende Schreiner bei Pinterest geholt. Das zeigt, dass das Schreinerhandwerk keineswegs alt und verstaubt ist, sondern sich Neuem gegenüber stark öffnet. Inzwischen findet man beispielsweise in fast allen Schreinerbetrieben computergesteuerte CNC-Maschinen.
Die Sitzhöhe der Garderobe ist ganz auf die Mutter von Sascha Ruthardt zugeschnitten, denn die Garderobe soll auch bei einem möglichen Auszug von Sascha Ruthardt in der elterlichen Wohnung verbleiben. „Die genaue Sitzhöhe haben wir durch Versuche ermittelt, denn man soll es auf dem Möbel schon komfortabel haben“, erzählt Sascha Ruthardt mit einem Schmunzeln. Daran zeigt sich die Stärke des Schreinerhandwerks: Passgenau ausgeführte Holzprodukte, die sich kompromisslos an den Bedürfnissen des Kunden orientieren. Wer selbst schon einmal etwas beim Schreiner bestellt hat, weiß: Mit den Schreinererzeugnissen schließt man Freundschaft fürs Leben!
Besonders freuen kann sich Sascha Ruthardts Mutter, denn sie bekommt die Garderobe von ihm geschenkt. Glücklich, wer einen Schreiner in der Familie hat!
Eine besondere Herausforderung für Sascha Ruthardt war die Herstellung der runden Garderobenstange. „Die Garderobenstange gab es im gewünschten Durchmesser nicht von der Stange. Folglich musste ich sie selbst herstellen. Beim ersten Versuch hat das nicht geklappt, aber glücklicherweise hatte ich noch genug Material übrig. Im zweiten Anlauf ist es dann gelungen“, berichtet Sascha Ruthardt.
Drei Tage hat Sascha Ruthardt nun noch Zeit, sein Gesellenstück fertig zu stellen. „Das bekomme ich hin. Momentan stelle ich die Schwalbenschwanzverbindung am Schubkastengehäuse her. Dann kommt es zum Bewerten, denn als Teil der Gesellprüfung bekomme ich eine Note für die Garderobe. Und danach fliegt der alte Schuhschrank aus der Wohnung und meine Mutter kann sich an ihrer neuen Garderobe freuen“.
Bevor sich die Mama jedoch über die Garderobe freuen kann, wird das Möbel von Sascha Ruthardt zusammen mit den Gesellenstücken seiner Klassenkameraden aus der Gottlieb-Daimler-Schule 2, die für den schulischen Teil der Ausbildung sorgt, in der Kreissparkasse in Böblingen zu sehen sein. Wer also an echter Schreinerkunst seine Freude hat, der sollte vom 19. bis 23. Juli zwischen 9 und 18 Uhr die von der Schreinerinnung Böblingen organisierte Ausstellung in der Hauptstelle der Kreissparkasse in der Bahnhofstraße 8 in Böblingen besuchen.